Sabena
belgisches Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Brüssel-National Zweilettercode: SN Dreilettercode: SAB IATA-Nr.: 082 ICAO call sign: SABENA SITA: BRUSSSN Web: www.sabena.com Tochter der SAir Lines, Mitglied der SAir Group und der Qualiflyer Group
1917 zog die revolutionäre Waffe Flugzeug noch ihre Rauchfahnen über den europäischen Himmel, als Commandant-Aviateur Georges Nélis, Leiter des technischen Dienstes bei der Belgischen Luftwaffe, seine Vision von der zivilen Nutzung der Flugmaschinen umzusetzen begann. Unterstützt durch König Albert I., plante er die Einführung der kommerziellen Luftfahrt und einer Luftfahrtindustrie in Belgien, was am 1. März 1919 in Brüssel zur Gründung des Syndicat National pour l'Etude des Transports Aériens (SNETA) führte. Deren Aufgabe war es, alles für die Gründung von Airlines in Europa und Belgisch-Kongo vorzubereiten und dort den Dienst zwischen Leopoldville und Stanleyville aufzunehmen. Noch 1919 wurden erste Testflüge mit einer dreisitzigen Levy-Lepen HB-2 aufgenommen, um Flugstrecken entlang des Kongo zu erkunden; in Europa fanden ähnliche Erkundungsflüge statt. Bereits im Sommer des kommenden Jahres, genaugenommen am 1. Juli 1920, wurde der erste Streckenabschnitt von Kinshasa nach Ngombe über 580 km Länge im Liniendienst von der nach dem belgischen König benannten King Albert Airline (LARA) aufgenommen. 1921 folgte der zweite Abschnitt über 610 km von Ngombe nach Lisala, und zur Jahresmitte bereits die Verbindung Kinshasa - Stanleyville mit 1725 Kilometern. Die Strecke, für die früher 17 Tage benötigt wurden, konnte nun in drei Tagen bewältigt werden. Am 1. Juni 1922 wurden diese regelmäßigen Testflüge beendet, auf denen 125.000 km zurückgelegt und 95 Passagiere sowie nicht ganz zwei Tonnen Fracht befördert worden waren.
Auch in Europa hatte die SNETA gute Vorarbeit geleistet und Liniendienste von Brüssel nach London, Paris und später weiter nach Amsterdam eingerichtet. Sie führte ihre Flüge mit dem damals letzten Schrei in der Flugindustrie, der Farman F-60 "Goliath", durch. Ein Feuer, das die SNETA-Flotte vernichtete, setzte den Expansionsplänen der Gesellschaft im Herbst 1921 jedoch ein Ende. Noch kurze Zeit führte sie die Flüge nach Paris und Amsterdam weiter, bis sie ein dreiviertel Jahr später den Betrieb einstellte.
Skeptiker
Die großen Erfahrungen im technischen, operationellen wie auch finanziellen Bereich, die die
SNETA im Laufe der Jahre durch ihren Testbetrieb gesammelt hatte, kamen nun einer neuen
Gesellschaft zugute. Am 23. Mai 1923 wurde die Société Belge d'Exploitation de la Navigation
Aérienne mit einem Startkapital von 6 Mio. Bfrs. sowie der SNETA, dem Land Belgien und
dem Belgisch-Kongo als Gesellschafter gegründet. An diesem Tag eröffnete Captain Albert van
Gotthem mit einer D.H.9C den Liniendienst des neuen Unternehmens. Er beförderte Post und
Fracht von Brüssel nach Ostende und Lympne. Einige ihrer Maschinen hatte SABENA, wie
sich die junge Gesellschaft kurz nannte, von der SNETA übernommen, darunter zwei Goliath
und einige D.H.9 . Als Handley Page auf der internationalen Flugschau des belgischen Aero
Clubs vom 23. bis 26. Juni in Evère bei Brüssel seine Air Transport W.8b vorführte, bestellte
Sabena zwei Exemplare dieses neuen Passagierflugzeugs. Der Kaufvertrag beinhaltete ferner
das Recht zur Lizenzfertigung durch Sabenas Partner, die Firma SABCA.
Während sie ihre Betriebsgebäude auf dem Flughafen Brüssel-Haren errichtete, widmete sie sich zunächst einem Problem, mit dem sich auch schon die Betreiber der ersten Eisenbahnen vor gut 100 Jahren früher konfrontiert sahen. Die potentiellen Passagiere mussten vom Nutzen und von der Zukunft der zivilen Luftfahrt erst überzeugt werden. Doch schon im Sommer des Jahres 1923 fanden die ersten Flüge statt auf denen Brieftauben nach England und von dort englische Zeitungen nach Ostende und Brüssel transportiert wurden. Britische Touristen auf dem Festland kamen so bereits einen halben Tag eher in den Genuß ihrer Zeitungslektüre. Am 1. April 1924 baute die Gesellschaft ihr innereuropäisches Streckennetz mit der Post- und Frachtroute Rotterdam - Brüssel - Straßburg aus. Ab 14. Juli konnte auch der Passagierdienst eröffnet werden. Schon kurze Zeit später wurde die Strecke nach Amsterdam und Antwerpen erweitert.
Kongo und zurück
Gleichzeitig führte Sabena auch die von der SNETA in Afrika begonnenen Dienste mit einem
kühnen Plan weiter. Nicht mehr entlang des Kongos sollte die Flugroute von Leopoldville nach
Katanga verlaufen, sondern in gerader Linie direkt über den afrikanischen Urwald. Der
Aufwand war erheblich, denn alle fünfzig Kilometer mussten Notlandeplätze im Dschungel
errichtet werden, an denen sowohl Treibstoff als auch Ersatzteile vorrätig waren. Die
Vorbereitungen dauerten bis zum Jahre 1925, als endlich die erste Teilstrecke von Kinshasa
nach Luebo mit den dreimotorigen Handley-Pages HP-26 beflogen werden konnte. Die
Maschinen wurden in den Kongo verschifft - bis auf eine Ausnahme. Am 12. Februar startete
in Brüssel-Haren Leutnant Edmond Thieffry mit dem Piloten Leopold Roger und dem
Mechaniker Jef de Bruycker an Bord der "Prinzessin Marie-José" nach Leopoldville. Nach 51
Tagen, am 3. April, erreichten die drei ihr Ziel im fernen Afrika - sie hatten 8000 km
überbrückt. Dabei hatte die reine Flugzeit an sich nur 75 Stunden und 25 Minuten betragen.
Unterbrechungen und Verzögerungen - 18 Tage lang mussten Thieffry und seine Besatzung
beispielsweise auf einen neuen Propeller warten - hatten das gewagte Unternehmen in die
Länge gezogen. In den Jahren darauf wurde das Streckennetz im Kongo weiter ausgebaut, so
dass sich 1927 die Flugroute bereits über 2275 Kilometer erstreckte, sechs ausgebaute
Flugplätze miteinander verband und durch 74 Notlandeplätze gesichert war. Erst die
Wirtschaftskrise des Jahres 1929 dämmte die Expansion der Sabena im Kongo vorübergehend
ein. In den dreißiger Jahren wurden die Handley-Pages durch die moderneren, ebenfalls
dreimotorigen Fokker F-VII, Westland P-1 "Wessex GW" und später Junkers Ju-52 ersetzt. In
ihren heimatlichen Gefilden hatten die Belgier unterdessen ihr nationales und internationales
Streckennetz bis nach Schweden ausgedehnt und verbanden die großen Wirtschaftszentren
Mitteleuropas miteinander. So erfolgte 1928 die Betriebseröffnung auf der Strecke Antwerpen -
Brüssel - Köln, 1929 zwischen Antwerpen - Brüssel -Düsseldorf - Essen - Hamburg. Als Baltic
Air Express wurde letztere Verbindung 1931 bis Kopenhagen - Malmö verlängert und 1936
nochmals bis Stockholm als Nord Air Express. Desweiteren bezog Sabena London 1929 in ihr
Netz ein.
Nun stand die Gesellschaft erneut vor einer Herausforderung. Mit einer Savoia-Marchetti S-73
sollten die Kolonien in Afrika mit der Heimat regulär verbunden werden. 1935 flog die erste
Linienmaschine, die Fokker F-VII "Edmond Thieffry", benannt nach dem ersten Piloten, der
im Auftrag der Sabena diese Strecke beflogen hatte, in fünfeinhalb Tagen von Brüssel nach
Leopoldville. Die Flugzeit hin und zurück betrug insgesamt 106 Flugstunden. Nach der
geglückten Mission wurde zunächst eine vierzehntägliche Linie eingerichtet, aber schon bald
startete einmal pro Woche eine S-73 in jede Richtung. Die Sabena hatte 1935 fünf dieser
14-sitzigen Maschinen übernommen; sieben weitere wurden 1936/37 von SABCA gefertigt.
Mit dieser Maschine ließ sich die Reisezeit zunächst auf vier, mit einer S-83 bald darauf auf
drei Tage reduzieren. Schon im November 1938 fand der 100. Flug von Europa nach Afrika
statt. Im Europaverkehr hatte das Streckennetz zu diesem Zeitpunkt bereits eine Ausdehnung
von fast 6000 Kilometer erfahren und die Gesellschaft war zweieinhalb Millionen Kilometer
geflogen. Als neue Ziele kamen in Europa 1937 Frankfurt, München und Prag und 1938 auch
Wien hinzu. Die Europa-Flotte bestand aus sechs Ju-52, acht S-73, drei S-83 und sechs F-VII.
Während sich in Europa die Kriegsgefahr verstärkte, erweiterte Sabena im Winter 1938/39 ihre Flotte um zwei Douglas DC-3. Als die Deutschen im Mai 1940 in Belgien einmarschierten, flohen einige Sabena-Besatzungen mit ihren Maschinen nach Großbritannien. Dort wurden die beiden DC-3 und sieben S.73 der RAF zugeteilt und zur Versorgung der alliierten Truppen in Frankreich eingesetzt. Einige Maschinen gingen im Verlauf der Kämpfe verloren, andere, wie die S.M.83, wurden später von der französischen Vichy-Regierung in Algerien interniert. Sabena blieb während des Zweiten Weltkriegs nur in Afrika aktiv und eröffnete auf Wunsch der westlichen Alliierten einen wöchentlichen Dienst von Takoradi über Lagos, Duala, Libenge, Stanleyville, Juba und Khartoum nach Kairo. Er wurde im Mai 1941 durch einen zweiten wöchentlichen Flug erweitert. Dieser endete jedoch in Juba, wo Flugboote der BOAC die Route nach Kairo fortsetzten. Anfang November 1942 führte man eine Zwischenlandung in Entebbe ein mit Anschluß an die sogenannte Horseshoe-Route der BOAC. Ende des Monats wurde ein neuer Dienst Lagos - Leopoldville eröffnet und im Juli 1943 flog Sabena im Auftrag der BOAC sogar wieder Kairo an.
Am 13.September 1944 konnte die erste Europa-Verbindung auf der Strecke Leopoldville - Lagos - Casablanca - Lissabon - London wieder aufgenommen werden und Sabena erlangte allmählich ihr Vorkriegsstreckennetz zurück. Dazu gehörte auch die Wiedereröffnung des Liniendienstes Brüssel - London am 22. Oktober 1945. Die Fluggesellschaft stellte drei von insgesamt 28 DC-3D in Dienst, die Douglas noch vor Kriegsanbruch fertiggestellt hatte. Sieben weitere fabrikneue DC-3C folgten, von denen die letzte im März 1947 ausgeliefert wurde. 1946 erwarb Sabena DC-4-Fluggerät, mit dem sie am 4. Juni 1947 ihren ersten Transatlantikdienst auf der Route Brüssel - New York mit Zwischenlandungen in Shannon und Gander eröffnete.
Am 15. Juli 1947 bestellte Sabena die erste von insgesamt drei DC-6. Am 8. März 1953 folgte ein Auftrag über eine DC-6B und am 19. November 1956 über die erste DC-7C. Diese Maschinen operierten auf den wichtigen Langstrecken nach Afrika und Nordamerika. Die Europaroute wurde ab März 1949 von sechs Convair 240 und ab Juni 1956 von zwölf Convair 440 bedient. Auch in der Nachkriegszeit zeigte Sabena ungebrochenen Pioniergeist, indem sie Hubschrauber im kommerziellen Dienst einsetzte. Erste Erfahrungen sammelte sie ab August 1950 mit drei Bell 47D-1, die Post z.B. nach Brüssel und Antwerpen flogen. Nach und nach wurden die Bell durch die größeren Sikorsky S-55 und S-58 ersetzt. Der erste S-55 traf am 2. Juli 1953 in Antwerpen ein und wurde vier Tage später nach Brüssel überführt. Am 1. September eröffnete der siebensitzige Sikorsky von Brüssel aus die internationalen Passagierdienste nach Rotterdam über Lille und Antwerpen sowie nach Maastricht über Lüttich. Am 5. Oktober wurden Köln und Bonn in das Hubschraubernetz aufgenommen.1955 eröffnete Sabena einen neuen Dienst ins niederländische Eindhoven und dehnte ihn im darauffolgenden Jahr nach Dortmund aus. Die sechs S-55 absolvierten ferner simulierte Linienflugdienste nach Paris am 20. Dezember 1953 und nach London am 7. Juli 1954.
Das Erscheinen des zwölfsitzigen S-58 ermöglichte Sabena die Er6ffnung eines
Hubschrauber-Liniendienstes nach Paris. Am 3. März 1957 wurde der Linienverkehr
aufgenommen. Während der Brüsseler Weltausstellung von 1958 hatte Sabena von April bis
Oktober einen Westland Widgeon und zwei Vertol 44 gemietet, die mehr als 65 000 Passagiere
beförderten. Ende Oktober 1966 mußte Sabena ihre bis dahin erfolgreichen internationalen
Hubschrauberdienste wegen verschlechterter Ertragslage einstellen.
Als neue Ziele kamen 1954 Stuttgart, 1957 Istanbul und Montreal, 1959 Tanger und 1960 Mexico-City hinzu. Am 19.Januar 1960 eröffnete Sabena als erste europäische Gesellschaft den Düsenverkehr mit Boeing 707 auf der Strecke nach Leopoldville. Drei Tage später hatte der Jet seinen Einstand auf der Route Brüssel - New York. Am 30. Juni wurde Belgisch-Kongo in die Unabhängigkeit entlassen. Dies machte eine gesellschaftliche und finanzielle Reorganisation nötig. Aufgrund entsprechender Satzungsänderungen waren fortan der belgische Staat mit 65 %, die Kongo-Republik (das spätere Zaire) mit 25 % und Privatkapital mit 10 % an der Sabena beteiligt, die ihrerseits 30 % des Betriebskapitals der mit ihrer Hilfe aufgebauten Air Congo (später Air Zaire) übernahm. Während der folgenden Unruhen mußte Sabena vom 9. bis 27. Juli 1960 große Teile ihrer Langstreckenflotte, einschließlich der verbliebenen propellergetriebenen Douglas, zur Rettung und Rückführung der belgischen Staatsbürger ins Mutterland einsetzen.
Durch den Verlust der Kolonie stürzte ein Hauptpfeiler der belgischen Fluglinie und zwang das Unternehmen zu einer völlig neuen Verkehrspolitik und einer Umorientierung der Verkehrsrichtungen. Obwohl die finanziellen Folgen Sabena noch auf Jahre belasteten, wurden Pläne zur Modernisierung der Flotte unbeirrt fortgesetzt. Im Januar 1961 begann die Ablösung der Convair 440 und der DC-6 durch Caravelle VI N. Bereits am 18. Februar konnte die erste von insgesamt acht bestellten Caravelle den Dienst auf der Strecke Brüssel - Nizza aufnehmen. Das Muster wurde hauptsächlich in Europa und im Nahen Osten eingesetzt und ab 15.Juni 1967 durch Boeing 727 verstärkt. Die Boeing 727 war ein Teil des Expansionsprogramms zur Erschließung neuer Märkte. Mit ihr eröffnete Sabena im November 1967 eine neue Route nach Bombay, die später aber mit Boeing 707 bedient wurde. Ab 1.April 1969 flog das Unternehmen Tokio über die Polar-Route an und ab 3. August auch über die Südostasien-Route via Bangkok. Am 14. März 1969 trat Sabena dem Atlas-Abkommen bei und noch am selben Tag begann die zweijährige Zusammenarbeit mit Austrian Airlines auf dem Nordatlantikmarkt. Im Januar 1970 übernahm der belgische Staat die seinerzeit dem neuen Kongo-Staat überlassenen Sabena-Aktien und trug damit zu einer Reorganisation des Unternehmens bei. Monrovia wurde am 1. April 1970 ins Verkehrsnetz aufgenommen. Im November und Dezember des selben Jahres übernahm Sabena ihre ersten beiden Boeing 747, die ab 1. Januar 1971 nach New York und ab 15. Juni auch nach Kinshasa eingesetzt wurden. Ein Jahr später bestellte Sabena als erster Carrier die DC-10-30 in der CF-Version, die ab September 1973 zur Auslieferung gelangte.
In den folgenden Jahren wurden die Liniendienste in den Nahen und Mittleren Osten sowie nach Südostasien und Afrika - wo Sabena mit 25 Zielen inzwischen eine Spitzenposition einnahm - kontinuierlich ergänzt. Hohe finanzielle Verluste zwangen das belgische Unternehmen im März 1977 sich aus Lateinamerika, ausgenommen Mexico-City, zurückzuziehen. Mexico wurde erst 1979 und der Südroutenflug nach Tokio im April 1980 auf gegeben.
Das Luftverkehrsabkommen mit den USA hatte Sabena ursprünglich nur Landerechte auf dem New Yorker John F. Kennedy-Flughafen gewährt. Dennoch gewann die Gesellschaft ab Juni 1978 auch auf dem Hartsfield Intl. Airport von Atlanta Zugang zum rapide wachsenden nordamerikanischen Markt. Im April 1980 begann Sabena Liniendienste nach Detroit und im August nach Chicago. Ebenfalls 1980 wurde in Brüssel-National ein neues Luftfrachtzenrum eröffnet.
1983 erfolgte eine Kapitalerhöhung auf 9 Mrd. Bfrs. Danach sind über 40 % aller Kapitalanteile in Händen privater und halbstaatlicher Gesellschaften und Institutionen. Ein Jahr später erhielt Sabena ihren ersten Airbus vom Typ A310-222. Als neue Ziele kamen 1985 Boston sowie 1987 Toronto hinzu. Im Herbst 1986 eröffnete Sabena mit ihren Boeing 747 in Zusammenarbeit mit British Caledonian eine tägliche Verbindung von Brüssel über London/Gatwick nach Atlanta. Aber schon ein Jahr später kündigte British Airways diese Vereinbarung auf, nachdem sie BCal vereinnahmt hatte. Durch die Aufnahme von Liniendiensten zu 13 neuen Zielen im Jahr 1989 wurde die Zahl der Landeplätze in Europa auf 50 erhöht.
Finanzielle Schwierigkeiten ließen Sabena bereits Ende der achtziger Jahre Überlegungen über eine umfassende Umstruktuierung anstellen. So wurde 1988 die Sabena World Airlines gegründet, die die Aufgaben des Lufttransports im Linienverkehr übernahm. Über dieses Unternehmen, deren Anteile sich anfangs alle im Besitz der Muttergesellschaft befanden, wurde eine Zusammenarbeit mit anderen europäischen Carriern angestrebt. Anfang 1990 beteiligten sich in einem Joint-Venture-Abkommen British Airways und KLM mit je 20 % während Belgier 60 % hielten (davon 53 % Regierungsanteil). Nach der Billigung des belgischen Parlaments, die vormalige Staatslinie in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, stimmte auch die EG-Kommision einer Beteiligung der Air France im April 1991 von 37,58 % des Aktienkapitals zu. Dies war allerdings mit Auflagen für den Dienst zwischen Belgien und Frankreich nach Ungarn und die Türkei sowie für die von beiden Gesellschaften traditionell stark bedienten Afrika-Routen verbunden. Ihre Flüge nach Deutschland konnte Sabena mit Beginn des Winterflugplans 1992/93 hingegen erhöhen. Die Zusammenarbeit mit Air France trug 1992 bereits Früchte. Bestand für 1991 noch ein Verlust von 2,438 Mrd. Bfrs., so konnte die Geschäftsleitung für 1992 einen konsolidierten Konzerngewinn von 6 Mio. Bfrs. melden. Wie es bei Sabena hieß, wäre dieses Ergebnis ohne die Partnerschaft mit der Air France unmöglich gewesen. Diese beendete aber kurze Zeit später diese Zusammenarbeit. Anfang 1993 begann die Ausmusterung der DC-10-30CF. Die letzte DC-10-30 OO-SLG warb noch 1997 in Zusammenarbeit mit Belgacom für den Disneyfilm "101 Dalmatiner". Am 26. April 1997 absolvierte sie dann ihren letzten Flug und ging dann an Continental. Als Nachfolger für die DC-10-30 wurden fünf Airbus A340-300C mit CFM-56-Triebwerken bestellt. Auch beim damaligen Partner Air France waren noch vier A340-200 im Einsatz, bevor zwei im Sommer 1996 und zwei im Sommer 1997 ihren Weg zu Sabena fanden. 1997 orderte man auch A330-300-Order, um auch die A310, die viel auf den Afrika-Routen unterwegs waren, auszumustern. Einige der neuen Maschinen kamen überbrückungsweise per Leasing von ILFC und gehörten zuvor zur Flotte der gescheiterten Air Inter. Die beiden A310-200 gingen an FedEx zum Frachterumbau.
Atlantic Excellence
1994 schlossen die Belgier mit dem nordamerikanischen Riesen Delta Air Lines ein erstes
Kooperationsabkommen, das ein Jahr später durch die finanzielle Beteiligung der Swissair an
der leicht maroden Sabena erweitert wurde. Mit Austrian Airlines als vierten Partner war die
Atlantic Excellence vorerst komplett, und Sabena konnte dank der Codesharing-Abkommen
Flüge zu über 40 Zielen in den USA vorweisen, die unter ihrer Flugnummer durchgeführt
wurden. Mit Virgin Express schloss man am 27. Oktober 1996 ein Abkommen auf der
Brüssel-London-Route: alle Dienste wurden fortan mit VEX-737-300 geflogen. Dies erlaubte
VEX erstmalig London und Brüssel zu verbinden, während Sabena nun ein extrem günstiges
Produkt anbieten konnte und die freigewordenen 737-400/-500 zum Ausbau des europäischen
Streckennetzes nutzen. Doch auch ihre starke Verbundenheit mit Afrika hatte sich nicht
gänzlich gelöst, denn Allianzen mit afrikanischen Fluggesellschaften, darunter der
südafrikanischen Nationwide Air, hielten die Verbindung lebendig. Für die amerikanische
Gesellschaft war es nicht uninteressant, durch Sabena einen Fuß auf den Schwarzen Kontinent
zu setzen, während die Schweizer durch ihren belgischen Partner in der Europäischen Union
Fuß fassen konnten. Ohne die Swissair bzw. die SAir Group, die mit 49,5 % eine
Minderheitsbeteiligung an der Sabena hielt, in den nächsten Jahren auf bis zu 66 % aufstocken
könnte und wahrscheinlich auch würde, hätte die Fluggesellschaft schon früher vor dem Aus
gestanden. Denn nach vielen fetten Jahren geriet der Staatscarrier in den siebziger Jahren in
finanzielle Schwierigkeiten; die Rohölpreise brachten den Weltmarkt ins Wanken, die
Gesellschaft litt an Unterkapitalisierung und kam auch sonst mit den Veränderungen in der
Branche wenig zurecht. Erst 1995 kam die Wende, die jedoch den damaligen Präsidenten
Pierre Godfroid und sein Management den Kopf kostete. Denn seine krassen Sparpläne
brachten die Gewerkschaften derart in Rage, daß erst wieder Ruhe einkehrte, als Godfroid
seinen Hut nahm. Den Sparplan setzte mit Zustimmung der Gewerkschaften Swissair-Mann
Paul Reutlinger um, der nach dem Einkauf der Schweizer im Juli 1995 Sabenas Führung
übernahm. Er rief das Maßnahmenpaket "Horizont 1998" ins Leben, des Inhalts, die laufenden
Kosten zu reduzieren und die lebenswichtigen, bis dahin fatalerweise vernachlässigten,
Beziehungen zu den Reiseagenturen aufzubauen. Das Programm schien die erhofften neuen
Horizonte aufzuzeigen, denn nach dem haarsträubenden Ergebnis des Jahres 1996 (8,8 Mrd.
Bfrs Verlust), das die SAir-Bilanz belastete und die -Manager schockierte, konnte 1997 wieder
ein Verkehrswachstum von 31 % verzeichnet werden. Im ersten Semester 1998 waren es dann
schon 32 Prozent Zuwachs, und bis zum Jahresende wollte man profitabel in die Schwarzen
Zahlen fliegen.
Der Geldsegen, den die SAirGroup nach Belgien brachte, zog natürlich eine gewisse
Abhängigkeit nach sich, auch wenn du Bois darauf bestand, daß sich die Sabena ihre
Eigenständigkeit und Unabhängigkeit bewahrt habe. So mussten nicht nur der Präsident,
sondern auch die restlichen Mitglieder des zwölfköpfigen Board of Directors mehrheitlich
Belgier sein. Auch firmenpolitische Entscheidungen ebenso wie die Wahl von
Partnerunternehmen, beispielsweise der Cateringfirmen oder Handling Agents an ausländischen
Flughäfen, betonte du Bois, wurden generell zum Nutzen des eigenen Hauses getroffen und
weniger zugunsten der SAirGroup. Dennoch arbeitete man natürlich intensiv mit Gate Gourmet
oder Swiss Logistics zusammen. In diesem Zusammenhang war auch die Entscheidung Sabenas
zu sehen, fast die gesamte Flotte auf Airbus umzustellen. So sollten bis zum Jahr 2002 die 28
Boeing 737 der Kurz- und Mittelstreckenflotte insgesamt 34 Maschinen der A320-Familie
weichen, während die bestehende Avro-Flotte weiter ausgebaut werden sollte. Die neuen
EMB-120 "Brasilia", die von DAT betrieben wurden, wurden verkauft; zwei Maschinen
gingen an die holländische Base Airlines. Die Langstreckenflotte bestand zur Jahrtausendwende
nur noch aus Airbussen A330 und A340. Die große Familie der Qualiflyer Group, zu der außer
der federführenden Swissair und ihrer Halbtochter Sabena weiterhin Austrian Airlines, TAP,
AOM und Turkish Airlines gehörten, strebte eben nicht nur einheitliches Handeln im
Marketing-Bereich an, sondern auch in Technik und Wartung, was durch einen einheitlichen
Maschinenpark deutlich vereinfacht wurde.
Zum 1. Januar 1998 schaffte Sabena auf allen Interkontinentalflügen mangels nennenswerter Buchungen die Erste Klasse ab, wertete aber gleichzeitig die Business Class auf. Auch der Ausbau der Allianzen sollte positive Auswirkungen zeigen. So kam neben den bereits bestehenden Abkommen mit VLM (Antwerpen-London) und Virgin Express (London, Barcelona, Rom) eines mit der ebenfalls belgischen CityBird (Sabena war mit 11 % beteiligt) hinzu. Ab Frühjahr 1998 wurden die Strecken nach New York/ Newark, Montreal und Sao Paulo zusammen mit Sabena durchgeführt. Zum Einsatz kamen zwei MD-11 der CityBird, die die volle Sabena-Bemalung erhielten. Wegen Unstimmigkeiten mit dem Allianzpartner Delta musste die Zusammenarbeit mit CityBird auf den Amerika-Flügen jedoch schon im Juni wieder eingestellt werden. Delta witterte unerwünschte Konkurrenz, wurdendie Flüge doch als Sabena/Delta-Flüge mit CityBird-Gerät vermarktet. Für die Strecke nach Sao Paulo wandte man sich nun der brasilianischen VASP zu und schloss ein Code-Sharing für fünf wöchentliche Flüge ab Brüssel nach Sao Paulo, Salvador und Recifé. Auch der neue QualiflyerGroup-Partner TAP bemängelte die CityBird-Überschneidung auf der Sao-Paulo-Route.
Bei Airbus sicherte man sich Lieferpositionen für 26 A319 (Erstlieferung Januar 1999), fünf
A320 (Erstlieferung Juni 1999) und drei A321 (ab August 1999), die alle bis 2002 ausgeliefert
werden sollten. Synergieeffekte mit der Typengleichheit bei der SAir Group hätten die
Entscheidung beeinflusst. Außerdem wandelte man zwei A330-200-Optionen in
Festbestellungen um, und zeichnete zwei neue.
Gleich doppelt getroffen wurde die Sabena Ende August, als zwei Widebodies innerhalb von sechs Tagen beschädigt wurden: am 27. August brach kurz nach der Landung in Brüssel das rechte Fahrwerk auf Rw 25L des A340-300 OO-SCW weg. Die Triebwerke Nr. 3 und 4 schleiften auf der Landebahn und zogen die Maschine nach rechts, wo sie im 90-Grad-Winkel in der Nähe eines Taxiways zum Stillstand kam. An Bord des Fluges SN542 aus New York JFK waren 255 Passagiere und 10 Besatzungsmitglieder. Verletzte gab es zum Glück nicht. Der zweite Zwischenfall ereignete sich am 2. September, in den der A330-300 OO-SFM verwickelt war. Dieser machte sich bei kräftigen Westwinden auf dem Brüsseler Vorfeld selbstständig, da die Bremsen nicht richtig angezogen waren und kollidierte mit der 737-300 OO-SBZ der Sobelair. Beide Maschinen wurden nur leicht beschädigt. Von Airbus wurde daraufhin für sechs Monate ein ex-GulfAir A340-300 gemietet, der aber bereits an Ethiopian vermarktet worden war und so den Dienst in den Grundfarben der Ethiopian aber ohne Titel antrat.
Am 16. September 1998 erhielt Sabena den ersten A330-200 OO-SFP, der am 20. September auf dem afrikanischen Netz in den Streckendienst ging. Mit ILFC wurde wenig später die Anmietung eines A330-300 vereinbart, wenn dieser im April 1999 nach Auslauf der Leasingverträge von Malaysia (9M-MKZ) zurückkehrt. Diese Maschine ersetze dann den von AFIS angemieteten A340-300 F-OHPZ. Die Leasingverträge von drei A330-300 (OO-SFM/N/O) wurden bei Airbus im Frühjahr 1999 bis 2007 verlängert. An die in Florida beheimatetete Unicapital Group konnte Sabena eine 747-300 verkaufen und mietete diese sofort für zwei Jahre zurück. Neue BemalungFlotte (Stand 2001):
6 Boeing 737-529 3 geleast von CITG 6 Boeing 737-329 4 geleast 1 Boeing 737-429 15 Airbus A319-112 geleast 6 Airbus A320-214 geleast 3 Airbus A321-211 1 geleast 3 Airbus A330-301 geleast von Debis 1 Airbus A330-322 geleast von ILFC 6 Airbus A330-223 geleast 2 Airbus A340-211 geleast 2 Airbus A340-313X zum Verkauf/Leasing abgestellt in Toulouse
DAT (BAe 146-200, Avro RJ85, RJ100) und Schreiner (PH- ATR72, DHC-8-100/-300) führen auf Franchise-Basis Flüge für Sabena in deren Farben und unter SN-Nummer durch.